So. Apr 28th, 2024

weisser regen

Regen kenne ich. Schließlich komme ich aus Hamburg. Schon möglich, dass es in London mehr regnet als in Hamburg. Aber wir sind da ganz sicher auf Augenhöhe. Mein Kumpel Thomas und ich dachten eigentlich, dass wir es mit richtig gutem Wetter zu tun bekommen würden, wenn wir unseren Urlaub im Bayerischen Wald verbringen. Umso verwirrter waren wir, als wir feststellten, wohin uns unsere Reise führte. Wir hatten uns nämlich für einen Angelurlaub entschieden. Und die Unterkunft, die wir gewählt hatten, hieß ausgerechnet „Weißer Regen“.

In Hamburg ist nur Schnee weiß

Wir Hamburger sind manchmal etwas fantasielos. Bei der Vorstellung an weißen Regen schütteln wir nur verständnislos den Kopf und sagen Dinge wie „Was’n das für’n komisches Zeuchs?“
Egal, wir hatten uns für den weißen Regen entschieden, also ging es los. Als wir am Nachmittag dort ankamen, staunten wir nicht schlecht. Die Pension und der Beginn der Angelstrecke lagen im Ort Kötzing. Sechs Kilometer lang ist das Angelstück. Wir hatten also einiges zu sehen in den nächsten Tagen. Nach und nach wollten wir uns vorarbeiten bis zum Ende des Gewässers. Und das heißt bezeichnenderweise „Schwarzer Regen“.
„War ja klar“, sagte Thomas, „wenn’s einen weißen Regen gibt, kann der Schwarze nicht weit sein.“
Recht hatte er. Da wir für den Tag unserer Ankunft noch keine Angelscheine hatten, sahen wir uns erst einmal ein bisschen um. Und ich kann sagen, dass es ein Märchen ist, wenn behauptet wird, Norddeutsche seien unterkühlt oder so. Denn unsere Begeisterung hätte mal jemand erleben sollen, als wir uns das Grundstück und das Gewässer ansahen. Lauter „Ahhh’s“ und „Ohhh’s“ sollten kamen aus unseren Mündern. Wir konnten zwar noch nicht angeln, aber wir konnten uns ein Bild davon machen, wie schön der weiße Regen ist. Es gibt sehr ruhige Abschnitte, an anderen Stellen gibt es richtig schöne strömende Stellen. Man findet außerdem kleine Kanäle, Wehre und so eine Art Miniatur-Inseln. „Wow“, das hatte ich vergessen zu erwähnen, das war das Wort, das mit Abstand am häufigsten fiel, als wir das erste Mal am weißen Regen waren.

Fliegenfischen: Eine Wissenschaft für sich

Am nächsten Tag hatten wir unsere Angelscheine. Es konnte losgehen. Nachdem wir uns am Abend zuvor ein Bild vom Fluss gemacht hatten, waren jetzt die Fische Objekt unserer Begierde. Wir schlossen Wetten ab, wer den Ersten und wer den größten Fisch von uns fangen würde. Thomas zeigte sich selbstbewusst, ich beschloss jedoch, mich nicht vor ihm zu verstecken und garantierte ihm, dass ich nicht nur den Ersten, sondern auch noch den größten Fisch fangen würde.
„Wart’s mal ab“, hörte wir plötzlich jemanden sagen. Offenbar handelte es sich um einen Angler, der über mehr Erfahrungen als wir verfügte. Großartige Beachtung schenkten wir ihm aber trotzdem nicht, jeder konzentrierte sich auf seine Jagdinstinkte. Das Ganze wuchs sich zu einer Veranstaltung aus, die jeden Instinkt in die Flucht schlägt. Statt des Instinktes für das Jagen waren andere Fähigkeiten gefragt. Im wesentlichen eine Einzige, und die heißt Geduld. Und sie wurde belohnt. Allerdings noch nicht an diesem Tag. Zu unserem Trost berichteten am Abend jedoch eine ganz Menge anderer Fliegenfischer, dass sie ähnliche Erfahrungen sammeln mussten. Die Fische im Bayerischen Wald sind eben eigen, sagte die Angler. Und die am weißen Regen erst recht. Sagten sie. Für den nächsten Tag machte uns das nicht unbedingt Hoffnung.

Keine Wetten mehr!

Als wir am nächsten Morgen loszogen, vermieden wir es, Wetten abzuschließen. Unser norddeutscher Größenwahn war im weißen Regen davongeschwommen. Doch diesmal war es vielleicht unsere Demut, die belohnt wurde. Etliche Forellen sorgten dafür, dass sich unsere Laune an diesem Tag mit jeder Stunde verbesserte. Und die Gespräche abends in der Pension waren geprägt von anerkennendem Nicken und lobenden Lobeshymnen der alten Hasen. Wir fahren ganz sicher wieder in die Pension, um auf Forellenjagd zu gehen. Und wir haben eines in jedem Fall gelernt. Es ist eben doch nicht nur Schnee, der weiß ist.

Ein Gedanke zu “Weißer Regen im bayerischen Wald?”
  1. Was würde ich dafür geben endlich mal am Natur Bach fliegenfischen zu gehen. Aber giebt es da Gastkarten für die Angler aus dem Norden?

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